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"Zu Ihrer Linken sehen Sie jetzt die Rückfront unserer Außenfassade. Dahinter ist unser großes Lager B. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, zu ihrer Rechten, sehen Sie das kleinere und ältere Lager A. Wir haben auch noch ein drittes großes Lager, das Lager U auf der anderen Seite des Werksgeländes. Ich hab mir sagen lassen, dass die Schafwolle immer nur zu bestimmten Terminen aus Übersee eingekauft werden kann. Wenn man also das ganze Jahr Garn herstellen will, muss man sich natürlich einen Vorrat anlegen. Dazu kommt noch, dass die sechs Zentner schweren Rohwollballen, die bei uns ankommen, nur zur Hälfte zu Garn versponnen werde könnenn. Der ganze Rest ist Schmutz und Fett.

Um die Wolle zu verarbeiten, muss sie also erst einmal sortiert und kräftig gewaschen werden. Das passiert ebenfalls hier. Wenn Sie einmal hoch kucken wollen! Da oben sehen Sie in der Höhe des dritten und vierten Geschosses einen Übergang zum Lager B. Im vierten Geschoss wird die Wolle nach Zustand und Qualität sortiert. Übrigens nicht die schlechteste Arbeit. Da ist es hell, warm und ruhig. Ganz im Gegensatz zu der eigentlichen Spinnerei mit ihren lauten Maschinen. Außerdem werden die Wollsortiererinnen besser bezahlt als die Arbeiterinnen an den Maschinen. Ist aber auch verständlich. Immerhin verdankt ihrem Fingerspitzengefühl die Ware nachher ihre Qualität.

Wenn die Wolle sortiert ist, wird sie durch das darunter liegende Geschoss in das Gebäude gebracht, das dem Lager B gegenüber liegt. Dort ist die Wäscherei.

Da wird sie dann in großen Waschzubern gereinigt, getrocknet und wieder etwas eingeölt. Nun ist sie schön geschmeidig und kann so besser weiterverarbeitet werden.

Das Abwasser, dass dabei entsteht wird übrigens nicht einfach weggeschüttet. Das Gebäude rechts neben der Wäscherei ist das sogenannte Kalihaus. Dort werden die kaliumhaltigen Rückstände aus dem Abwasser herausgefiltert. Aber auch die ganzen ausgewaschenen Fette sind wertvolle Rohstoffe. Sie werden zu Schmierfetten und sogar zu Cremes und Seife weiterverarbeitet.

Gerade erst letztens haben die Herren Lahusen, die Enkel des alten Martin Lahusen, beschlossen, diesen Bereich besonders auszubauen. Drüben an der Hasberger Straße haben wir jetzt eine große chemische Abteilung außerhalb des Werksgeländes. Sie produziert Seifen, Cremes und sogar Waschmittel. Wir haben dafür sogar einen eigenen Markennamen: Delespa (jede Silbe betont) Delmhorster Seifen- und Parfümwerke. Klingt gut, nicht wahr?"

Durch die Sanierung des gesamten Geländes konnten große Teile der einstigen Gebäudekomplexe erhalten werden. Heute haben sie meist eine neue Funktion. So ist die Volkshochschule in das ehemalige Kesselhaus und das Kalihaus eingezogen. Mit seiner neuen Glasfassade sieht man hier deutlich die gelungene Mischung aus moderner und historischer Architektur. Im erhaltenen vorderen Teil der Wäscherei befindet sich inzwischen das Technologiezentrum Delmenhorst. Im ehemaligen Sortierboden sind verschiedene Kultureinrichtungen untergebracht. So zum Beispiel das Kulturamt, der offene Kanal und so manches Künstleratelier.