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Die Villa Stahmer! Sie ist das Gebäude, in dem das Museum von Georgsmarienhütte untergebracht ist. Und das ist eine ausgesprochen gelungene Kombination, da das Haus selbst musealen Wert hat und die Geschichte Georgsmarienhüttes in vielfältiger Weise repräsentiert.

Die Geschichte beginnt damit, dass der Georgs-Marien-Bergbau und Hüttenverein 1856 eine kleine, in der Gemeinde Hagen gelegene Eisenhütte übernahm und mit einem neuen Standort ausbaute.

Eine der übernommen Fachkräfte war der Maschinenbaumeister Carl Stahmer aus Clausthal-Zellerfeld. Als rund um die neue Stahlhütte diverse Eisenbahnlinien gelegt wurden, erkannte er seine Chance. Angrenzend an das Hüttenwerk errichtete Stahmer eine eigene Eisengießerei, in der er ab 1862 mit zunächst nur zwei Mitarbeitern Eisenbahnwaggons reparierte und später Weichen, Schranken und andere Eisenbahntechnik produzierte. Dank seiner Branchenkenntnisse entwickelte sich das Unternehmen, das 1886 den Namen „Vereinigte Eisenbahnsignalwerke“ erhielt, so prächtig, dass es damals mit der Stahlhütte um die besten Arbeitskräfte konkurrieren konnte.

Carl Stahmer blieb Zeit seines Lebens sparsam, was ihn selbst anging. Es wird erzählt, er habe noch als erfolgreicher Fabrikant in der Werkshalle verbogene Nägel aufgehoben und der Weiterverwertung zugeführt. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, sein Geld großzügig für diverse Stiftungen auszugeben.

Seine Söhne Robert und Ernst waren dagegen mit dem Reichtum aufgewachsen und hielten durchaus etwas von Repräsentation. Deshalb ließ sich im Jahr 1900 jeder von ihnen eine schmucke Villa oberhalb des Werks am heutigen Carl-Stahmer-Weg errichten. Das waren Häuser mit allerhöchstem Luxus, zumal zur damaligen Zeit. Wertvolle Stuckdecken und farbenprächtige Fenster im Jugendstil bezeugen das noch heute. Und während der normale 'Georgsmarienhütter' in den 1920er Jahren nur in der "Alten Wanne", dem heutigen Jugendzentrum, ein Bad nehmen konnte, verfügten die Bewohner der Villen bereits über ein privates Badezimmer und Wasserklosett! Robert gönnte sich in seinem Haus sogar ein orientalischen Bad.

Trotzdem sind beide Häuser von ihren Bauherrn nicht sehr lange bewohnt worden: 1929 verstarb Ernst, nur 10 Jahre später wurde seine Villa abgerissen. Und Robert Stahmer übernahm nach nur 7 Jahren ein Zweigwerk in Bruchsal. In seiner Villa wohnten stattdessen leitende Angestellte.

Nach dem 2. Weltkrieg hatte die Villa ein sehr wechselhaftes Schicksal. Zunächst von den britischen Militärs vereinnahmt, zog später das Arbeitsamt ein. Anschließend wurde die Villa als Mehrfamilienhaus genutzt und ziemlich abgewohnt.

Als das Haus 1968 in den Besitz der Gemeinde Oesede kam, dachte man sogar an Abriss. Nur durch entschiedenes Engagement des damaligen Kulturamtsleiters und einiger entschlossener Bürger gelang es schließlich, das historische Gebäude zu retten. Ab 1975 wurde die Villa weitgehend in ehrenamtlicher Arbeit zum Museum umgebaut und 1980 eröffnet.

Die seitdem mehrfach überarbeitete Dauerausstellung beschäftigt sich vor allem mit der Stadtgeschichte seit Gründung der Stahlhütte Mitte des 19. Jhds. Der Museumsbesuch ist übrigens auch für Familien mit Kindern lohnenswert, denn viele Exponate sind nicht nur anschaulich, sondern auch zum Anfassen!