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Im Ozean, mitten, schläft bis zur Stunde
ein Ungeheuer, tief auf dem Grunde.
Sein Haupt ruht dicht vor Englands Strand,
die Schwanzflosse spielt bei Brasiliens Sand.
Es zieht, sechs Stunden, den Atem nach innen,
und treibt ihn, sechs Stunden, wieder von hinnen.
Doch einmal in jedem Jahrhundert entlassen
die Kiemen gewaltige Wassermassen.
Viel tausend Menschen im Nordland ertrinken,
viel reiche Länder und Städte versinken.
So heißt es in der Ballade über den Blanken Hans, wie man die See nennt, wenn sie als Sturmflut daherkommt. Die Menschen in den Küstengebieten Norddeutschlands hatten viel mit den Unbilden der See zu kämpfen, daher ist es auch kein Wunder, dass die Wesermarschgebiete noch weit bis ins Mittelalter nur dünn besiedelt waren. Erst als die Stedinger hier an der Unterweser angesiedelt wurden, gab es den ersten Deichbau. Nach ihrer Vertreibung wurde der Deichbau jedoch sträflich vernachlässigt, was für das ganze Land böse Folgen hatte.

Eine Sturmflut ließ den Weserdeich hier ganz in der Nähe brechen. Durch die einbrechenden wühlenden Wassermassen entstand eine Kuhle, in der auch nach dem Ablaufen der Flut das Wasser stehen blieb. Ein solches Gewässer nennt man im Niederdeutschen ein „Brack“ oder eine Brake. Eine Urkunde aus dem Jahr 1384 benennt eine Brake zu Harrien, was als erste Erwähnung des Flurnamens der heutigen Stadt zu werten ist.

Als die Oldenburger Grafen im 16. Jhd. mit großen Anstrengungen den Deichbau an Jade und Weser vorantrieben, wurde das Land wieder sicherer und konnte dichter besiedelt werden. Aus dieser Zeit stammen die Siedlungen Harrierbrake und Braksiel. Später wuchsen diese Ortschaften zur Hafenstadt Brake zusammen.

Das wurde allerdings erst möglich, weil weseraufwärts die alte Hansestadt Bremen daran litt, dass nach und nach die Weser versandete und die größeren Schiffe den dortigen Stadthafen nicht mehr anlaufen konnten. Hier in Brake wusste man die Gunst der Lage zu nutzen und wurde so im 17. und 18. Jhd. zum Umschlagplatz der Bremer Waren: Die Seeschiffe brachten ihre Ladung hierher, wo sie auf kleinere Flussschiffe umgeladen wurde, um schließlich die Bremer Schlachte zu erreichen. Klar, dass das Ganze die Bremer furchtbar ärgerte, und zwar so sehr, dass sie später einen eigenen Seehafen noch weiter weserabwärts errichteten, nämlich das heutige Bremerhaven.

Im Winter 1825 schlug der Blanke Hans in Brake noch einmal zu und verwüstete einen Großteil der Ortschaft. Danach hat man sie planmäßig wieder aufgebaut, was ihrem Charme jedoch keinerlei Abbruch tut. „Das beste Stück Weser“ nennen die Braker liebevoll ihre Stadt. Schauen Sie sich ruhig einmal genau um und entdecken Sie, was die Einheimischen damit meinen.