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Gelagert hatten sie hier schon früher. Dieser Ort war einfach ideal. Es war genügend Holz vorhanden, um für alle Familien Häuser zu bauen, vielleicht sogar später eine Palisade und dazu ein Anleger für Boote. Auch hatte der See alles, was die Menschen zum Leben brauchten. Sie konnten hier Fische fangen und Wild gab es hier mehr als sie jagen konnten.

So oder ähnlich werden die Menschen gedacht haben, die nicht weit vom heutigen Nordufer des Dümmers vor mehr als 5000 Jahren ihre Siedlung gründeten. Die Häuser dieser Menschen waren kleine wohl einräumige Hütten aus Holz, die ähnlich ausgesehen haben müssen wie die Häuser der etwa ebenso alten Siedlung am Bodensee, deren Rekonstruktion in Unteruhldingen zu sehen sind. Allerdings standen die Hütten unserer jungsteinzeitlichen Niedersachsen im Gegensatz zu den Pfahlbauten ihrer Vettern aus Baden nicht auf sumpfigem oder sogar überflutetem Terrain, sondern waren fest auf dem Ufersaum gebaut. Das ergab natürlich Probleme, wenn sich langfristig der Wasserstand des Dümmers änderte. Wenn es zu feucht wurde, musste der Siedlungsplatz aufgegeben werden. Und genau das ist über die Jahrhunderte hinweg wohl auch mehrfach passiert. Dennoch haben die Menschen immer wieder die Vorzüge dieses Platzes erkannt und für sich nutzen wollen.

Um etwa 3000 v. Chr. siedelten sich hier Menschen an, die eine ganz charakteristische Keramikform verwendeten, nämlich den sogenannten Trichterbecher. Er war, wie der Name schon sagt, oben weit wie ein Trichter und lief nach unten in einem meist bauchigen Gefäß aus. Diese Art der Keramik ist übrigens nichts, was unsere Urniedersachsen erfunden hätten, sondern sie stehen damit in einem großen kulturellen Verbund, der von Skandinavien bis in die Ukraine reichte.

Etwa zwei- bis dreihundert Jahre später veränderte sich die Keramikform: Der Trichter verschwand und die Gefäße ähnelten vielmehr unseren heutigen Blumenvasen. Aber vor allem wurden sie verziert mit einem typischen Rillenmuster, das dadurch entstand, dass man eine Schnur in den noch feuchten Ton drückte, was dem Ganzen auch seinen Namen gab: Wir sprechen heute nämlich von der sogenannten Schnurkeramik, die zu einem weiteren nordosteuropäischen Kulturverbund gehörte.

Die Erforschungsgeschichte der Siedlung ist dabei fast so spannend wie die Fundstätte selbst, denn entdeckt und ergraben wurde sie Ende der dreißiger Jahre und erweckte u. a. die Begehrlichkeit des NS-Regimes, welches mit seiner Forschung vor Ort die Existenz einer nordischen Herrenrasse beweisen wollte. Darüber hinaus war aber das Fundmaterial mit seinen über 50000 Objekten so umfassend, dass eine Veröffentlichung der Ergebnisse Jahrzehnte auf sich warten lassen musste.

Übrigens befindet sich im Dümmer-Museum gar nicht weit von hier eine Auswahl schöner Fundstücke, die Sie sich unbedingt einmal ansehen sollten.